• Home
  • Interview mit Dr. Andrea Vincenzo Braga

Interview mit Dr. Andrea Vincenzo Braga

Schweizerische Botschaft Wien, 22.01.2019

Der Schweizer Chirurg und Arzt für Allgemeinmedizin Dr. Andrea Vincenzo Braga betreibt gemeinsam mit seiner Gemahlin Brigitte die »bragapraxis« , das Zentrum für ganzheitliche Medizin im niederösterreichischen Giesshübl. Dr. Braga versammelt nicht nur schulmedizinische Fachrichtungen, sondern sein Repertoire erstreckt sich auch auf die traditionelle chinesische Medizin (TCM), Akupunktur und Laser-Schmerztherapie. Die zusätzliche Betreuung seiner Patienten mittels moderner Kommunikationstechnologien ist ihm ein besonderes Anliegen. Wir haben Dr. Braga zu seinem Leben als Schweizer Arzt in Österreich, seinem Therapieangebot sowie zur Telemedizin befragt.

 

*****

Lieber Herr Dr. Braga, Sie sind seit sechs Jahren als Arzt in Österreich tätig. Was führte Sie in die Alpenrepublik und warum haben Sie sich dazu entschieden, sich in Niederösterreich niederzulassen?
Natürlich die Liebe ;-), Spass beiseite – ich war davor als Chefarzt (Group Chief Medical Officer) der Allianz Global Assistance Gruppe mit meiner Familie in Paris ansässig, nachdem wir zuvor jahrelang in Beckenried am schönen Vierwaldstättersee gewohnt hatten.
Nachdem ich extrem viel auf Dienstreisen war und meine Familie oft alleine war, haben wir beschlossen, in die Heimat meiner Frau zu übersiedeln.

Ich habe dann noch ein Jahr den Job weitergemacht und bin zusätzlich mit dem Flieger ins Büro nach Paris gependelt.
Nach über zehn Jahren im Top Management habe ich mich entschlossen, meinem Herz und meiner Berufung zu folgen und wieder als Arzt klinisch tätig zu sein - natürlich wissend, dass es ohne „medizinische Vergangenheit“ und Spitaltätigkeit in Österreich eine ziemliche Herausforderung sein wird, eine Wahlarztpraxis zu betreiben.

Sie haben das Medizinstudium und die Ausbildung zum Chirurgen in der Schweiz absolviert, ihr Name klingt italophon. Sind Sie Tessiner? Aus welchem Teil der Schweiz stammen Sie ursprünglich?
Ich habe mein Medizinstudium in Bern und in Sydney absolviert und die Weiterbildung zum Facharzt in der Schweiz und in Deutschland gemacht. Nein, ich bin nicht Tessiner, obwohl die Familie dort ein Ferienhaus hat, sondern ich bin ein richtiger Italo-Berner, d.h. mein Vater kommt aus Süditalien und meine Mutter aus einer alten Berner Familie.

Sie leben nun schon seit ein paar Jahren in Österreich. Wie werden Sie als Schweizer von den Österreicherinnen und Österreichern aufgenommen?
Ich wurde von Anfang an gut angenommen. Mit einem damals dreijährigen Kind im Kindergarten entstanden sehr schnell Kontakte zu anderen Eltern, die inzwischen zum Teil sogar sehr gute Freunde wurden.

Beruflich war das ein wenig schwieriger, da musste ich mir zuerst einen Namen machen, respektive brauchte „ein paar Helfer“, mit denen ich damals ein Netzwerk aufbauen konnte.

Gibt es Unterschiede zwischen Patienten in der Schweiz und in Österreich?
Von den Krankheitsbildern nicht. Von der Selbstverantwortung für die Gesundheit und die Bereitschaft, für seine Gesundheit auch selber zu bezahlen, durchaus. In der Schweiz ist es der Patient gewöhnt, seine Arztrechnungen selber zu bezahlen und diese anschliessend bei der Krankenkasse einzureichen, während es bei Patienten in Österreich üblich ist, dass die Kosten direkt mit den Sozialversicherungen verrechnet werden.

Es dauert eine Weile, bis die österreichischen Patienten merken, dass es einen Unterschied zwischen der Kassenmedizin und der Behandlung bei einem Wahlarzt gibt.

In Ihrer Praxis verbinden Sie schulmedizinische Fächer wie Allgemeinmedizin, Sportmedizin und Chirurgie mit alternativmedizinischen Verfahren wie Akupunktur, Tuina und Lasertherapie. Fällt es bei einer so grossen Auswahl den Patienten nicht schwer, den richtigen Therapieweg einzuschlagen?
Es ist korrekt: wir verbinden verschiedenste medizinische Behandlungsmethoden und Techniken, wobei ich das Wort Alternativmedizin nicht gerne benutze, denn es ist die Alternative wozu? Vielmehr verfolgen wir ein integratives oder auch ein komplementäres Therapiekonzept, bei dem wir die effektivste, aber auch sanfteste Therapiemethode für den einzelnen Patienten anwenden.

Auf Basis einer ausführlichen Befragung (Anamnese) und einer ausgiebigen Untersuchung des Patienten und unter Berücksichtigung allfälliger Labor- und Röntgenuntersuchungen, entwickeln wir das Therapiekonzept.
Auf Grund unseres breiten Therapieangebotes können wir bei ungenügendem Greifen eine Therapie andere Ansätze anbieten ohne den Patienten weiterschicken zu müssen.

Welches Spektrum an Therapiemöglichkeiten wird in Ihrer Praxis angeboten?
Wir bieten das gesamte Spektrum der konservativen Orthopädie an, dies beinhaltet neben der fachärztlichen Untersuchung/Beurteilung die Behandlung mittels Akupunktur, manueller Manipulation (Einrenken), Infiltration, etc. Daneben bieten wir auch die Allgemeinmedizin, Vorsorgeuntersuchungen, Impfen, Blutentnahmen, etc. sowie die Sportmedizin.
Als Spezialität setzen wir die Akupunktur, die manuelle Medizin, den Hochintensitätslaser (HILT) sowie die Frequenzmedizin mit dem global Diagnostics und dem Mito Plus von Vitatec (einer Schweizer Firma) ein. Wir setzen auch sehr häufig die Orthomolekulare Medizin und die Mikroimmuntherapie ein.

Auf der therapeutischen Seite setzen wir die Klassische Massage, die Chinesischen Akupressur Massage (Tuina), die Kräuterstempel Massage, Shiatsu, das Schröpfen und die Schmerztherapie nach Liebscher Bracht an.
Zudem haben wir im Team einen Personal-Trainer und eine Ernährungsberaterin.

Sie sind ein Vorreiter auf dem Gebiet der Telemedizin. Was bedeutet die Telemedizin und welche Vorteile bringt der Arzt-Patient-Kontakt via Telefon und Bildschirm?
Ja das stimmt. Ich bin seit über einem Jahrzehnt in der Telemedizin tätig und gelte als einer der internationalen Experten auf diesem Gebiet. Die Telemedizin hat viele verschiedene Facetten. Sie sprechen aber - so glaube ich - die Tele–Konsultation an. Dies ist die Beziehung zwischen Patient und Arzt. Die Vorteile der Telekonsultation sind der niederschwellige Zugang zu einer kompetenten medizinischen Beratung (hat also nichts mit Dr. Google & Co. zu tun) über verschiedene Medien, wie z.B. Telefon- und Videokonsultation, Chat etc.

Dies erlaubt einen Arzt–Patientenkontakt ohne Reiseaufwand, ohne Wartezeiten in überfüllten Wartezimmern und ist häufig auch zu Randzeiten und Wochenenden sowie Feiertagen verfügbar. Es entspricht auch dem gesellschaftlichen Trend, Vieles, so auch den Arztbesuch, über das Smartphone zu erledigen.

In der Schweiz ist die Behandlung der Patienten unter Zuhilfenahme von Telefon und Internet schon weit verbreitet. In Österreich steckt die Telemedizin noch in den Kinderschuhen. Welche Erfahrungen gibt es aus der Schweiz in diesem Bereich?
In der Schweiz gibt es die Telemedizinische Beratung/-Triage seit gut 20 Jahren. Es werden pro Jahr in der Schweiz ca. drei Millionen telemedizinische Beratungen durchgeführt.

Die Telemedizin, besonders die Telekonsultation ist ein tragender Pfeiler der Gesundheitsversorgung in der Schweiz. Das Telekonsil, darunter fallen die Teleradiologie, die Telepathologie etc. ist schon seit über zwei Jahrzehnten ein tragender Teil der Kommunikation unter Fachärzten und der fachübergreifenden Beurteilung/Therapie von Patienten ohne unnötige Reisezeiten.

Kein mühseliger Weg zum Arzt, keine überfüllten Wartezimmer, Rezepte und Krankschreibungen bequem per E-Mail nach Hause geschickt – die Telemedizin birgt viele Lösungen in sich. Aber geht dabei nicht der persönliche Kontakt zum Arzt seines Vertrauens verloren?
Natürlich wäre es schön, wenn es in jedem Dorf noch den engagierten 24 Stunden und 7 Tage immer erreichbaren Hausarzt gäbe, doch leider ist dies schon lange in vielen Regionen nicht mehr der Fall, sondern ist oft nur noch „Hausarztromantik“. Viele (jüngere) Leute bei uns haben gar keinen Hausarzt mehr und suchen für jedes noch so kleines medizinisches Problem eine Spitalsambulanz auf.

Die Telemedizin, besonders die Videokonsultation erlaubt den sofortigen persönlichen Kontakt mit einem Arzt und es ist durchaus möglich, diesen Kontakt auch mit einem ausgesuchten Arzt seines Vertrauens zu haben.
Sie sind ja auch mit Ihren Angehörigen und Freunden auf der ganzen Welt in Kontakt über Videokommunikation, wie es Skype, Facetime, WhatsApp & Co. ermöglichen. Somit erlaubt gerade die Videokonsultation eine sehr persönliche und auch emotional wertvolle Beziehung zu seinem Arzt.

Das neue Jahr 2019 ist erst wenige Wochen alt und wir alle haben sehr ambitionierte Vorsätze gefasst. Können Sie uns abschliessend noch einen Tipp geben, wie wir uns am besten fit und gesund halten können und unsere Vorsätze nicht allzu früh ad acta legen müssen?
Bezüglich den Vorsätzen kann ich nur raten, sich nicht unrealistische und zu hohe Ziele zu setzen sondern, wie im Berufsleben, SMARTe (Spezifisch, Messbar, Akzeptiert, Realistisch und Terminierbar) Ziele anzupeilen.

Besonders rate ich, sich kleinere Zwischenziele zu definieren, die man leichter erreicht und so ein Erfolgserlebnis hat. Dies macht es einfacher auch das nächste Ziel anzustreben. Um über die Wintersaison gesund und fit zu bleiben empfehle ich immer, sich genügend zu bewegen, besonders an der frischen Luft, ausgewogen zu essen und genügend zu schlafen.

Weiters empfehle ich oft die Nahrungsergänzung im Sinne der orthomolekularen Medizin, d.h. genügend Vitamine (besonders Vitamin D), Spurenelemente und sekundäre Pflanzenstoffe und ausreichend warme Mahlzeiten und Getränke. Auch hier beraten wir Sie gerne.


Lieber Herr Dr. Braga, herzlichen Dank für das Interview und alles Gute für das neue Jahr 2019!

We use cookies on our website. Some of them are essential for the operation of the site, while others help us to improve this site and the user experience (tracking cookies). You can decide for yourself whether you want to allow cookies or not. Please note that if you reject them, you may not be able to use all the functionalities of the site.